Gerechte und faire Grundsteuererhebung in Erfurt
Wir wollten: Grundsteuer B reduzieren und die Gewerbesteuer anheben, um einen Belastungsausgleich zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken nach der erfolgten Grundsteuerreform zu erreichen. Wir haben geahnt, dass das Land hier nicht schnell genug handeln wird. Wir hatten Recht, vor 2027 wird da nichts passieren. Die Stadtratsmehrheit interessiert das alles nicht. Unser Antrag wurde abgelehnt.
Beschlussvorschlag
BP 01
Der Stadtrat Erfurt fordert die Thüringer Landesregierung und den Thüringer Landtag auf, entsprechend der eigenen Ankündigung eine landesrechtliche Regelung für die Nivellierung der unterschiedlichen Belastungen infolge der Grundsteuerreform zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken noch für 2025 zu beschließen. Die Thüringer Lösung sollte sich dabei an den landesrechtlichen Regelungen im Saarland, Sachsen und/oder NRW orientieren.
Das NRW-Modell mit differenzierten Hebesätzen für Wohn- und Nichtwohngrundstücken sollte auch für Thüringen erwogen werden.
BP 02
Dem Oberbürgermeister wird in Anwendung der Abgabenordnung aufgefordert, in begründeten Härtefällen die Grundsteuer für 2025 teilweise oder vollständig zu stunden, bis die geforderte neue landesrechtliche Regelung nach BP 01 in Kraft tritt.
BP 03
Sollte die in BP 01 geforderte landesrechtliche Regelung bis 31.10.2025 nicht in Kraft treten, hat der Oberbürgermeister im Entwurf der Haushaltssatzung 2026/27 eine Reduzierung der Hebesätze bei der Grundsteuer B um 15 Hebesatzpunkten bei gleichzeitiger Erhöhung des Hebesatzes der Gewerbesteuer um zehn Hebesatzpunkten aufzunehmen.
Sachverhalt
Seit 1.1.2025 gilt die neue Grundsteuerreform. Im Ergebnis hatte der Stadtrat mehrheitlich auf Vorschlag der Verwaltung den bisherigen Hebesatz der Grundsteuer B von 550 auf 565vH angehoben. Durch die Grundsteuerreform und die Hebesatzerhöhung werden Wohngrundstücke in Erfurt um rund 6 Mio. EUR mehr be- und die Nichtwohngrundstücke in fast gleicher Größenordnung entlastet. Diese Umverteilung war zu erwarten. Andere Bundesländer haben durch Landesrecht darauf regiert und diese Umverteilung nivelliert.
In Thüringen ist eine solche Landesregelung bisher an den Bedenken von Koalitionspartnern gescheitert. Der neue Ministerpräsident hat eine landesrechtliche Regelung für 2026 in Aussicht gestellt. Die LINKE hatte vorgeschlagen, den Hebesatz der Grundsteuer B nicht zu erhöhen und dafür den Hebesatz der Gewerbesteuer moderat anzuheben. Dieser Vorschlag fand keine Mehrheit im Stadtrat, auch weil die Stadtverwaltung dieses Modell ablehnte, weil es angeblich gegen das Reformziel der Aufkommensneutralität verstoßen würde und zudem die gewerblichen Grundsteuerpflichtigen nicht identisch mit dem Kreis der Gewerbesteuerpflichtigen sei. Beide Argumente sind nicht überzeugend. Die Aufkommensneutralität ist nicht verpflichtend, sondern nur eine Orientierung mit empfehlendem Charakter.
Auch bei gewerblichen Grundstücken ist die Grundsteuer umlagefähig. Richtig ist, dass Gewerbesteuer nur Unternehmen mit einer gewissen Gewinnhöhe zahlen. Dieser Effekt ist aber gewollte und hemmt die Stadt nicht an einer Neuverteilung der Steuerbelastungen zwischen der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer. Die LINKE hält deshalb an diesem Modell fest, wenn das Land nicht zeitnah eine landesrechtliche Lösung zum teilweisen Ausgleich der Steuerbelastungen zwischen den Grundstücksarten wirksam werden lässt. Mit dem Beschluss fordert der Stadtrat vom Land eine solche landesrechtliche Lösung schon für das Jahr 2025.
Nach Medieninformationen haben über 2.000 Steuerpflichtige in Erfurt gegen die neuen Grundsteuerbescheide Einsprüche eingelegt oder zumindest Nachfragen gestellt.
Zur Vermeidung von Härten sollen Grundsteuerbescheide bis zum Inkrafttreten landesrechtlicher Entlastungsmaßnahmen teilweise oder vollständig gestundet werden.