Anfrage "Handelsketten"

Fragesteller: Herr Plhak, Fraktion DIE LINKE

Sachverhalt:
Nach Medienberichten sind knapp zwei Drittel aller Geschäfte in Thüringer Innenstädten laut Industrie- und Handelskammer Erfurt (IHK) in der Hand großer Ketten. Familiengeführte kleine Läden würden nach aktuellen Analysen der Erfurter Kammer immer mehr in schlechtere Lagen abgedrängt. Als wichtigste Ursache gelte der enorme Anstieg der Mieten in hervorgehobenen Geschäftslagen - also dort, wo die meisten potenziellen Kunden und die höchsten Umsätze erwartet werden. So würden für Laden-Immobilien am Erfurter Anger nach Erhebungen der Fachverbände 90 Euro und mehr je Quadratmeter verlangt. Im Gegenzug zu den stark nachgefragten Innenstadtlagen würden immer mehr Einkaufsstraßen in abgelegenen Stadtteilen veröden.

In diesem Zusammenhang Frage ich den Oberbürgermeister:


1. Wie viele Ladenketten haben sich in den letzten 10 Jahren in Erfurts Innenstadt angesiedelt?

Die letzte Erfassung aller Einzelhandelseinrichtungen wurde mit Stichtag zum 31.08.2006 abgeschlossen. Die Ergebnisse wurden im Einzelhandelsbericht 2007 erfasst. Der Bericht wurde allen Fraktionen zur Verfügung gestellt. Seit dieser Zeit wurden keine umfassenden neuen Erhebungen vorgenommen. Grundsätzlich gibt es keine Verpflichtung der Einzelhändler Ansiedlungen oder Veränderungen dem Amt für Wirtschaftsförderung zu melden, so dass nur gesondert durchzuführende Erhebungen eine entsprechende Erfassung ermöglichen können. Auf Grund des immens hohen Aufwandes zur regelmäßigen Nachverfolgung der hier interessierenden Daten wird von einer solchen Erhebung abgesehen. Seitens der Gewerbeanmeldungen im Bürgeramt wird eine qualitative Klassifizierung der Einzelhändler ebenfalls nicht abgefragt. Aus diesem Grund kann ich nur auf die Datenlage aus dem Jahr 2007 verweisen.


2. Wie viele Familienbetriebe sind in den letzten 10 Jahren aus der Innenstadt in andere Stadtgebiete gezogen bzw. haben ihr Geschäft aufgegeben?

Die Aufgliederung in sogenannte inhabergeführte Unternehmen ist noch viel schwieriger zu erfassen, wenn es sich nicht offensichtlich namentlich um ein Familienunternehmen handelt. Gleichwohl geht der oben erwähnte Einzelhandelsbericht 2007 darauf ein. Derzeit liegt der Stadt Erfurt kein zahlenmäßig belastbarer Überblick zu den letzten 10 Jahren vor. Insgesamt kann die Aussage der Industrie- und Handelskammer Erfurt bestätigt werden, dass sich zwei Drittel aller Geschäfte in Thüringer Innenstädte in der Hand von Filialisten befinden. Auch die Aussage, dass inhabergeführte Geschäfte immer mehr an den Stadtrand gedrängt werden (oder ganz aufgegeben werden) trifft für Erfurt zu. Diese Erkenntnisse können Sie auch so dem Einzelhandels 2007 entnehmen.
Diese Tendenz hat sich nicht geändert. Man kann sogar von einer Verstärkung durch sich immer mehr ausbreitende sogenannte Convenience Shops (an Tankstellen und Bahnhöfen etc.) und den steigenden Internethandel beobachten. Dies trifft aber auch auf alle vergleichbaren Großstädte in Deutschland zu.


3. Wie beurteilt die Stadtverwaltung die diesbezügliche Lage in den äußeren Stadtbezirken, z. B Magdeburger Allee und Johannesstrasse ?

Die Lage in den äußeren Stadtbezirken, insbesondere in den benannten Straßen Magdeburger Allee und Johannesstrasse stellt sich weitgehend übereinstimmend so dar, dass diese Einkaufslagen schwerpunktmäßig der Nahversorgung und der Ansiedlung von Spezialgeschäften dienen. Auf Grund der regelmäßigen Diskussion zur Lage der Magdeburger Alle und der hierbei auch teilweise vertretenen Behauptungen, dass die Magdeburger Allee eine von der Stadt vernachlässigte Einkaufsstraße sei, wurde durch das Amt für Wirtschaftsförderung im Jahre 2009/2010 das Projekt "Quick Check" initialisiert (die Fraktionen des Erfurter Stadtrates waren eingeladen und teilweise vertreten). Hierbei wurde die Einkaufslage der Magdeburger Allee umfassend untersucht, wobei der Fokus auf den speziellen Bedingungen vor Ort lag und insbesondere auch die Mitarbeit der Gewerbetreibenden in den Workshops im Vordergrund stehen sollte.


Als Fazit der Untersuchung war festzustellen, dass sich die Magdeburger Allee keinesfalls als eine vernachlässigte Einkaufsstraße darstellt, sondern ein gutes wirtschaftliches Potential besitzt, welches durch die Handels- und Gewerbetreibenden mit gezielten und gebündelten Marketingaktionen weiter verbessert werden kann. Der dort ansässige Verein, der im Quick Check mit eingebunden war, verfolgt dies auch weiter.


Dies gilt natürlich unter dem Aspekt, dass sowohl die Magdeburger Allee als auch die Johannesstraße keine 1 A Lagen sind und in der derzeitigen Struktur der Stadt niemals eine werden. Beide sind für Nahversorgung und Spezialgeschäfte prädestiniert. Gleichwohl erreichen sie derzeit nicht die Besucherfrequenz der Nebenlagen zu den Haupteinkaufsstraßen. Andererseits ist dies auch für Spezialgeschäfte nicht erforderlich. Straßen in dieser Lage werden auch immer eine gewisse Fluktuation aufweisen. Im Bereich Johannesstraße, die keine Randlage ist sondern zur Innenstadt zählt, ist die Weiterentwicklung des Areals um die ehemalige Druckerei Fortschritt noch nicht geklärt. Über die Entwicklung dieser recht großen, derzeit ungenutzten Fläche könnte das Areal eine erhebliche Aufwertung erlangen und damit die Johannesstraße in eine klassische Nebenstraße zu einer Haupteinkaufsstraße verwandeln.